Zweite Szene

[251] Freies Feld.


HINZE mit Tornister und Sack. Ich bin der Jagd ganz gewohnt worden, alle Tage fang ich Rebhühner, Kaninchen und dergleichen, und die lieben Tierchen kommen auch immer mehr in die Übung, sich fangen zu lassen. – Er spreitet seinen Sack aus. Die Zeit mit den Nachtigallen ist nun vorbei, ich höre keine einzige.


Die beiden Liebenden treten auf.


ER. Geh, du bist mir zur Last.

SIE. Du bist mir zuwider.

ER. Eine schöne Liebe!

SIE. Jämmerlicher Heuchler, wie hast du mich betrogen!

ER. Wo ist denn deine unendliche Zärtlichkeit geblieben?

SIE. Und deine Treue?

ER. Deine Wonnetrunkenheit?

SIE. Deine Entzückungen?

BEIDE. Der Teufel hat's geholt! das kommt vom Heiraten![251]

HINZE. So ist die Jagd noch nie gestört worden. – Wenn Sie doch geruhen wollten, zu bemerken, daß dieses freie Feld für Ihre Schmerzen offenbar zu enge ist, und irgendeinen Berg besteigen.

ER. Schlingel! Gibt Hinzen eine Ohrfeige.

SIE. Flegel! Gibt ihm von der andern Seite eine.

HINZE knurrt.

SIE. Ich dächte, wir ließen uns scheiden.

ER. Ich stehe zu Befehl. Die Liebenden gehen ab.

HINZE. Niedliches Volk, die sogenannten Menschen. – Sieh da, zwei Rebhühner, ich will sie schnell hintragen. – Nun, Glück, tummle dich, denn fast wird mir die Zeit auch zu lang. – Jetzt hab ich gar keine Lust mehr, die Rebhühner zu fressen. So gewiß ist es, daß wir durch bloße Gewohnheit unserer Natur alle möglichen Tugenden einimpfen können. Geht ab.

BÖTTICHER unterm Knebel. Himm – himm – li – sch!

SCHLOSSER. Strengen Sie sich nicht so an, es ist doch vergeblich.


Quelle:
Ludwig Tieck: Werke in vier Bänden. Band 2, München 1963, S. 251-252.
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